Der Kardinal und die Sünde der Hybris
Die Anmaßung von Kardinal Christoph Schönborn, den Mitgliedern der Österreichischen Bischofskonferenz wegen der Mariatroster Erklärung (1968, Betonung der Gewissensentscheidung des Einzelnen bzw. des Ehepaares bezüglich Empfängnisverhütung) Sündhaftigkeit zu unterstellen, wird interessanterweise nur in den konservativen Medien kommentiert. Hier fühlen sich wertkonservative Menschen, die damals um ihre Position und um ihre Loyalität zur Kirche gerungen haben, zurecht verletzt.
Die Hybris, mit der Kardinal Christoph Schönborn seine Bewertung vornimmt, hat laut Kommentar von Dietmar Neuwirth in der Tageszeitung Die Presse wahrscheinlich zwei Ursachen: Karrieregeilheit (er strebt angeblich eine Position in der Glaubenskongregation, der Zensurbehörde der Römisch Katholischen Kirche, an) oder Dummheit. Beides schlimm genug. Die dritte mögliche Ursache, es ginge dem Kardinal um eine Revision der Mariatroster Erklärung, hält der Kommentator für nicht realistisch. Eigentlich logisch: Seit wann ist die Sorge um die Bevölkerungsstruktur zentrales Glaubensgut der Römisch Katholischen Kirche?
Ich empfehle dem lieben Herrn Kardinal einen raschen Rücktritt als Kardinal und ein Ende seiner Karrierepläne. Das wäre eine angemessene Antwort auf seine überheblichen Wertungen, damit nicht Gläubige an seiner Stelle von der Kirche zurücktreten. Oder soll sich in ein paar hundert Jahren ein Papst für die Sünde der Hybris des Kardinals entschuldigen müssen? Eine einfache Entschuldigung seitens des Kardinals nach dem Motto na dann entschuldige ich mich meinetwegen, wenn das opportun ist, ist jedenfalls zuwenig. Der Mut dazu wird ihm allerdings fehlen. Der Mut zur Entschuldigung und der Mut zum Rücktritt.
Das Kreuz der Kirche mit Pille und Kondom (Dietmar Neuwirth, Die Presse, 21.11.2008)
Streit um Pille: Kapellari widerspricht Schönborn (Walter Müller, Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 3.12.2008)
Obskure Argumente zum “Sterben Europas” (Wolfgang Bergmann, DER STANDARD, 4.12.2008)