Betreuungsstunden als Alternative
LehrerInnen sollen zwei Stunden länger in der Klasse stehen (ohne dass die SchülerInnen) einen Vorteil davon haben. Argumentiert wird auch damit, dass die Lehrkräfte länger an ihrem Arbeitsplatz sein sollen, damit die anderen Arbeitnehmer nicht neidisch sein müssen. Dazu ein pädagogisch sinnvoller Kompromiss-Vorschlag:
LehrerInnen halten eine wöchentliche Aufsichtsstunde für betreutes Lernen, SchülerInnen wird ohne Anwesenheitspflicht empfohlen, diese Stunden zu nützen. An meiner Schule (HAK) sind das etwa 30 LehrerInnen, das sind 30 Wochenstunden für etwa 13 Schulklassen. An fünf Unterrichtstagen können damit in sechs Räumen täglich je eine Stunde oder in 3 Räumen täglich je zwei Stunden beaufsichtigt werden. Die Betreuung muss klassenübergreifend sein und kann unterschiedlich organisiert sein. Beispielsweise: mit 2-3 SportlehrerInnen und weiteren zwei LehrerInnen beaufsichtigen täglich eine Stunde in/nach der Mittagspause den Turnsaal, interessierte SchülerInnen erhalten die Möglichkeit, ihr Bewegungspensum zu erhöhen. In einem Raum wird Stillarbeit für alle Altersstufen (Hausübungen, Lernen) vorgesehen, in anderen Räumen die Gelegenheit für Gruppenarbeit, gegenseitiges Erklären und Lernen im Team. Die dort betreuenden Lehrkräfte stehen für Fachberatung zur Verfügung. Ein Plan macht den SchülerInnen transparent, wann welche Lehrkraft zur Verfügung steht. An meiner Schule gibt es dann beispielsweise jeden zweiten Tag eine mögliche Betreuungsstunde für einzelne SchülerInnen in Mathematik. Zählt man die gegenseitige Lernhilfe von SchülerInnen dazu, lässt sich der Nachhilfebedarf tatsächlich enorm verringern. Außerdem werden jüngere SchülerInnen zu einer besseren Lernkultur herangeführt, Schulfrust kann verringert werden. Ältere SchülerInnen können auch unbetreut gemeinsames Lernen fortsetzen.
Der Vorteil: Diese zusätzliche Stunde an der Schule werden LehrerInnen akzeptieren, weil sich aus dieser Stunde tatsächlich keine weitere versteckte Belastung ergibt. Diese einfache Maßnahme wird sofort bildungspolitisch wirksam und die “Mehrheitsbevölkerung” kann zufrieden sein, dass Lehrkräfte zumindest eine Stunde pro Woche länger an der Schule sind. Den Nutzen dieser Betreuungsstunde haben tatsächlich die SchülerInnen. Die Maßnahme kann nach einem Schuljahr bereits evaluiert werden und soll mittelfristig zu einer Umgestaltung der Stundenpläne (eingeplante Betreuungsstunden) hin zu einer Abwechslung von Unterricht und Betreuung führen. Manche Lehrkräfte werden mit dieser Erfahrung auch auf die Idee kommen, mehr Schüleraktivität (gemeinsame Lernphasen und nicht nur Stoffvermittlung) in ihren Unterricht einzuplanen, was die Effizient des Unterrichts zusätzlich erhöht. Insgesamt erwarte ich mir von diesem Experiment eine größere und bessere bildungspolitische Auswirkung als von den vielen Schulversuchen.
Der Nachteil: Es handelt sich um keine budgetpolitische Sparmaßnahme (verursacht dafür aber keine Mehrkosten). Ja, auch der Finanzminister muss “seinen Beitrag leisten” und über seinen Sparefroh-Schatten springen. Der pädagogische Mehrwert sollte ihn überzeugen.