Ein einfacher Landpfarrer
Ganz schön daneben gegriffen hat der Furche Redakteur Rudolf Mitlöhner in seiner Analyse des Falls Arigona im Furche-Leitartikal vom 17.6.2010 (Nr 24, Seite 1). Neben der demokratiepolitisch befremdlichen Beschuldigung des Anwalts der Familie spricht er von Pfarrer Josef Friedl an „schlichtem Landpfarrer„. Schlicht mit der eindeutigen Konnotation von naiv bzw. einfältig.
Ich erinnere mich an Pfarrer Friedl als meinen Religionslehrer in der Oberstufe im BG Vöcklabruck (Matura 1977). Sein Religionsunterricht war sehr engagiert, zeitgemäß und vor allem intellektuell – also theologisch und philosophisch – auf hohem Niveau. Von schlicht oder einfältig keine Spur. Meine zwei Aufgabenstellungen bei der mündlichen Reifeprüfung geben darüber Auskunft – welches davon ich letztlich damals wählte, weiß ich nicht mehr, außer dass mir die Wahl schwer fiel: „Der Atheismus unter besonderer Berücksichtigung der Position von Jean Paul Sartre“ und „Erich Fromm“ (damals waren „Haben oder Sein“ und „Die Kunst der Liebe“ aktuelle Lektüre). Ich frage mich eher, ob Josef Friedl nicht vielleicht aufgrund seiner unbequemen Positionen – sozusagen strafversetzt – als Landpfarrer wirkt.
Pfarrer Friedl hat schlicht eine menschliche und vor allem christliche Handlung gesetzt: ohne ideologische Vorbehalte persönliche Hilfe jenen in seinem Umfeld zu gewähren, die sie gerade benötigen.
Vielleicht sollte Rudolf Mitlöhner einfach ein bisschen besser recherchieren und ein bisschen weniger Verachtung gegenüber jenen ausdrücken, die seiner Meinung in die Quere kommen. Damit er nicht als schlichter Journalist dasteht.
Ich finde die Furche als Medium recht spannend, aber dieser Leitartikel hat mich auch irritiert. Das sollte einer Publikation mit hohem Anspruch an den journalistischen Ethos ihrer AutorInnen nicht passieren.