Soziokulturelle Evolution
Am Samstag fand in Freistadt mit einem Spielefest der Start des Projekts Bunter Spielplatz statt. Kinder mit unterschiedlichen Muttersprachen, also mit und ohne Migrationshintergrund, die derzeit kaum miteinander spielen, sollen mit Hilfe regelmäßiger und langfristiger erlebnispädagogischer Betreuung miteinander spielen lernen.
Bei diesem Bunten-Spielplatz-Fest in Freistadt hat mir eine Bekannte ihre Sorgen über die gesellschaftlichen Entwicklung (Fremdenfeindlichkeit) mitgeteilt und eine Hoffnung formuliert: Man müsse doch auf eine gesellschaftliche Weiterentwicklung, eine Art gesellschaftliche Evolution hoffen dürfen.
Ich fürchte, das ist ein Fehlschluss. Es gibt keine garantierte lineare Weiterentwicklung. Die Erfahrung der politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts lehrt uns das. Denn die Gesellschaft vor dem Nationalsozialismus war nicht barbarisch. Die Entwicklung der Bildenden Kunst (etwa Bauhaus), der Musik (etwa Schönberg, Berg, Webern) oder der Reformpädagogik waren Zeichen des Aufbruchs nach dem Zusammenbruch im ersten Weltkrieg.
Die Hoffnung, nach der Nazi-Katastrophe könne man nicht mehr barbarisch sein, wurde ebenfalls nicht erfüllt: denken wir an Kambodscha in den 1970er Jahren, an Jugoslawien oder Ruanda (1990er Jahre).
Auch die österreichischen Wahlergebnisse mit an die 30% Stimmen für sehr rechte Parteien lassen nichts Gutes erwarten. Offenbar muss sich jede Generation ihre Humanität aufs Neue erkämpfen, gutes gesellschaftliches Leben kann nicht vererbt werden. Es gilt nicht nur wachsam zu sein, sondern auch im jeweils eigenen Bereich persönlichen Einsatz zu tätigen. Freistadt isst international, Interkultureller Frauentreff und Bunter Spielplatz sind solche Aktivitäten: Beziehungen zueinander aufbauen, Angst und Vorteile überwinden, Zusammenleben erleichtern.