Fachliteratur
Als an den eigenen Fächern interessierter Lehrer lese ich auch gerne Fachliteratur. Keine Angst, ich zähle jetzt nicht alle Bücher auf, möchte aber ein paar Bücher bzw. Themen aus dem Bereich Mathematik mit besonders intensiver Beschäftigung erwähnen.
Am Beginn meiner Karriere als Mathematik-Lehrer habe ich mich mit Zusammenhängen von Musik und Mathematik befasst. Vor allem antroposophische Autoren haben meine Neugierede in diesem Themenbereich geweckt:
- Hermann Pfroger, Lebendige Tonwelt, 628 Seiten
- Ernst Bindel, Die Zahlengrundlagen der Musik, 399 Seiten
Die nächste thematische Station waren dann Fachbücher zum Thema Astronomie und Mathematik:
- Johannes Kepler, Weltharmonik, 399 Seiten
- Joachim Schultz, Rhythmen der Sterne, 199 Seiten
Unter anderem durch Johannes Kepler habe ich die Bedeutung der Entdeckung der Logarithmen und wichtige Einsatzgebiete verstanden. Er war (wahrscheinlich) der erste Mathematiker, der die Tragweite der Entdeckung der Logarithmen erfasst hat: Er habe durch die Logarithmen seine Lebensdauer auf 200 Jahre ausdehnen können (als Zeitspanne, die er für seine Berechnungen ohne Logarithmen benötigt hätte), schreibt er. Ein unverständiger mathematischer Zeitgenosse hat sich über ihn lustig gemacht: Es gäbe Menschen, die sich kindisch über die Entdeckung neuer Rechenarten freuten. Die Logarithmen wurden übrigens im 16. Jahrhundert von den Musikern auf der Suche nach dem temperierten Tonsystem entdeckt, die Mathematiker haben sie ein paar Jahrzehnte später aufgegriffen. Die Logarithmen spielen in meinem Unterricht eine besondere Rolle, meine recht gut gelungenen Erklärungen dazu findet man hier.
Rhythmen der Sterne hat mir geholfen, wesentliche astronomisch-mathematische Zusammenhänge unseres Sonnensystems sowie Kalenderrechnung zu verstehen.
Natürlich habe ich auch Kultbücher wie
- Douglas R. Hofstätter, Gödel – Escher – Bach, 791 Seiten
gelesen.
Ein markanter Punkt vom Umfang und der Komplexität meiner Fachliteratur sind die Grenzen des Wachstums von Dennis Meadows, vor allem aber die Begründung und Erklärung der gesamten Modellgleichungen aus dem Jahr 1974:
-
Dennis L. Meadows u.a., Dynamics of growth in a finite world, 637 Seiten
Beinahe vergessen hätte ich meine intensive Beschäftigung mit Bevölkerungsmathematik, auch als Folge der Grenzen den Wachstums. Die intensive Auseinandersetzung hat mir sogar eine Einladung von Dr. Wolfgang Lutz ans IIASA in Laxemburg gebracht: Ich durfte an einer internationalen Konferenz teilnehmen. Etwa 30 renommierte Bevölkerungswissenschafter/innen aus allen Kontinenten reflektierten in Referaten vier Tage ihre Methoden und Ergebnisse. Als Teilnahmebedingung hatte ich ein Referat in englischer Sprache zu halten – über den Einsatz von Bevölkerungsmathematik im meinem Mathematik-Unterricht. Diese Bedingung habe ich gerne erfüllt. Ich wurde dann noch zu einer Folgekonferenz auf Mallorca zur Bevölkerungsentwicklung im mediteranen Bereich, insbesondere Nordafrika, eingeladen. Das war kurz vor dem EU-Beitritt Österreichs, der an den Abenden heftig diskutiert wurde.
Vor etwa 10 Jahren habe ich mich intensiv mit den mathematischen Grundlagen volkswirtschaftlicher Modelle befasst. Nach der Bearbeitung von etwa 2000 (!) Seiten volkswirtschaftlicher Basis-Literatur in englischer und deutscher Sprache konnte ich das Thema für die Lehrerfortbildung aufbereiten und sogar im Mathematik-Lehrplan der Handelsakademien verankern. In Zeiten wie diesen ist das systemtheoretische Verständnis wichtiger volkswirtschaftlicher Parameter, geschärft durch den Mathematik-Unterricht, für AbsolventInnen von Wirtschaftsschulen unerläßlich. Seither verstehen meine SchülerInnen mehr über Konjunkturmodelle, Konsum- und Investitionstheorie. So hoffe ich wenigstens.
Dutzende mathematische und pädagogische Bücher müssen hier unerwähnt bleiben.
Klar habe ich nicht die gesamte Fachliteratur im Unterricht direkt eingesetzt. Ich wechsle die Schwerpunkte und habe dann und wann Kalenderrechnung, sphärische Geometrie oder eben auch einzelne der systemdynamischen Modelle und Gleichungen von Meadows im Unterricht eingesetzt. Die eigene Horizonterweiterung hält mich geistig fit und das Interesse an meinem Fach aufrecht, die SchülerInnen erhalten einen Einblick in die Relevanz der Mathematik weit über das schulische Algorithmen-Umformen hinaus. Und das ist gut so.