Is small beautiful?
Anläßlich des 100. Geburtstags von Leopold Kohr. „Wo immer etwas fehlerhaft ist, ist es zu groß.“ Der Schluss von Leopold Kohr: „klein ist schön„. Dieser „grüne“ Denkansatz hat mir auch einmal gefallen. Dass zu große (politische) Strukturen fehlerhaft sein können ist schon klar. Aber der Umkehrschluss „klein ist schön“ ist meines Erachtens nicht zulässig: auch klein ist problematisch. Klein ist nicht (nur) schön, sondern auch provinziell, engstirnig und potentiell undemokratisch. Leopold Kohr träumte von einem Europa der kleinen Regionen in einer Föderation. Ich befürchte, dass wir dann mit Regionen als Kleinstaaten wieder von vorne beginnen.
Besser gefällt mir der Versuch einer Balance zwischen großen und kleinen Strukturen. Globale Themen brauchen auch globale Strukturen und globale Antworten. Aber wahrscheinlich hat das Leopold Kohr genau so gemeint. Eine Beschäftigung mit den Thesen Leopold Kohrs lohnt sich.
Leopold hat mit klein auch nicht so große Städte wie Freistadt gemeint ;-).
Es lohnt sich wirklich seine Ideen näher zu betrachten.
Wenn man Leopold Kohr gerecht werden will, darf man nicht auf die These „small is beautyfull“ allein rekurieren. Erstens hat dieses Buch Ernst Schuhmacher geschrieben, wenn auch unter dem Einfluß von Leopold Kohr.
1. Was Kohr prinzipiell meinte, war: Es gibt für alles k r i t is c h e Größen. Ab deren Erreichen wird der Aufwand und das Risiko größer als Nutzen und Chance. Je komplexer Systeme werden, umso unvorhersehbarer sind die Folgewirkungen von menschlichen Handlungen und ZUfällen. Diesbezüglich gibt ihm nicht nur die Chaosforschung recht. Diesebezüglich auch ein Buchtipp: Joshua Cooper Ramo: Das Zeitalter des Undenkbaren
2. Selbst Kohr gab zu, dass die Funktionierbarkeit von sozialen Systemen von den Kommuniksmöglichkeiten abhängig ist. Daher ist für ihn auch eine Staatsgröße von 15.MIll Einwohnern kein unsteuerbares System. Bloß die Fehlergrößenwirkungen werden eben immer größer.
3. Er hatte einen anarchichistischen und ich meine aktuellen Denkansatz: Dem großen System nichts überlassen, was das kleine System selbst meist besser leisten kann. Kleine Sozalsysteme sind zu höherer Flexibilität und Kreativität befähigt. Außerdem sind sie von den Teilnehmerinteressen bestimmt. Erfolg und MIsserfolg zeigen sich unmittelbarer.
4. Global denken und lokal handeln: Das ist im Sinne Leopold Kohrs. Sollte es nochmals zu einem Finanzcrash kommen, was ich für äußerst möglich halte, dann ist jedes Vertrauen in globale Systeme oder politische Großsysteme wie die EU dahin. Dann wird jede Region, jeder Staat frisch anfangen müssen und dann wird Kohrs Botschaft aktueller denn je, das wag ich zu prophezeien.
Dass er gegen den Beitritt Östereichs zur EU war und an dem tag starb, als Österreich dies beschloss, ist eine interessante Koinzidenz. Man muß mit seinen Ideen ja nicht immer unmittelbar recht haben, vielleicht braucht es dazu nur die richtige Zeit…….
Ergänzend noch: der eigentliche Ausgangspunkt für Kohrs Denken war der Satz von Protagoras: „Der Mensch ist das Maß aller Dinge“. Dabei wollte er auf die Fehleranfälligkeit des Menschen verweisen und nicht, dass er der Superwuzzi der Evolution sei. Woran wir scheitern ist: Unsere Prognosefähigkeit bezüglich der Folgen unserer Handlungen ist in hochkomplexen Systemen absolut unterentwickelt. Selbst die schlauesten mathematischen Modelle scheitern z.B. am Finanzsektor (siehe Mandelbrot) – daraus resultiert: „… es wird immer Hunger, Krieg usw geben, die Frage ist: wie groß ist der Anteil der Beteiligten … Großsysteme müssen z.B. überdimensional viel in das Verteidigungsbudget investieren ….