Good church – bad church
Das globale Finanzsystem wird von einer Weltsicht dominiert, die anderswo schon überholt ist.
Es fehlt der aufklärende, korrigierende Einfluss unabhängiger Stimmen bei der Risikobewertung. (DieZEIT, Neue Wächter für die Banken, 9.3.2010, in Zusammenhang mit der Finanzkrise)
Beide Aussagen über das Finanzsystems gelten auch für die römisch katholische Kirche. Wenn Kardinal Schönborn angesichts der Flut an Vorwürfen über sexuellen Missbrauch durch Kirchenleute jetzt selbst den Zölibat zur Diskussion stellt, so greift das längst zu kurz.
Das Hauptproblem sind die autoritären Führerstrukturen, die eine Kritik und Korrektur der Hierarchie und der kirchlich-religiösen Autorität verhindern. Das kranke Verhältnis vieler Kirchenmänner zur Sexualität ist eine weitere Facette der Tatsache, dass die Kirche „nicht von dieser Welt“ ist. Beides hängt miteinander zusammen: Der Gebrauch von religiöser Autorität ermöglicht den sexuellen Missbrauch, der offizielle Umgang mit Sexualität zieht sexuell gestörte Charaktere an und fördert das Entstehen sexueller Störungen.
Trotz 2. Vatikanischen Konzils hat sich an der autoritär-zentralistischen kirchlichen Struktur nichts geändert, das Konzil wurde nicht ehrlich und konsequent genug verfolgt, seit Johannes Paul II sogar gezielt gestört.
Für die römisch katholische Kirche sehe ich einen einzigen Ausweg.
- Es braucht eine Art Gewaltenteilung zwischen den Bereichen Sozial- und Seelsorge, Theologie, Verwaltung sowie eine kirchenrechtlich nachhaltig geklärte Präsenz der kirchlichen Zivilgesellschaft
- und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Zentrum und Basis (Bischofswahl durch die Gläubigen, Dechantenwahl im Dekanat).
- Eine radikale Reform des Priesterseins: kein Pflichtzölibat für Weltpriester, Frauenpriestertum, Ende der Fixierung auf die Sexualität als zentralen „Glaubens“inhalt, Ende der Fixierung auf Kleriker.
Das Kardinalskollegium wird seit Johannes Paul II systematisch gleichgeschaltet. Papst Benedikt hat 2001 die strikte Geheimhaltung von Missbrauchsfällen angeordnet. Der Fisch stinkt vom Kopf. Die Hierarchie ist zu einer Reform der Strukturen nicht in der Lage.
Ich empfehle die Gründung einer bad church, mit einem Großteil der Hierarchie und jenen, die noch nicht in der heutigen Welt angekommen sind, um diese bad church dann kontrolliert in die Bedeutungslosigkeit zu versenken. Aus der verbleibenden good church kann sich dann wieder etwas entwickeln, was sich Kirche nennen darf.